27.10.2007

Von Wölfen und Schafen - Teil 1



Als man den Wölfen den Einkauf in der Stadt erlaubte, wurde zuerst das Fleisch, einige Zeit danach die Fleischer knapp. Als nur noch der Wind durch die Straßen wehte, zogen die hungrigen Wölfe eine Ortschaft weiter.



Es geht die Sage von dem Verlag, der Konkurs anmeldete, weil er sich mit dem Porto für unaufgefordert eingereichte Manuskripte verhob. Keine Sage ist, dass die meisten deutschen Verlage inzwischen keine unaufgeforderten Manuskripte mehr annehmen. Stattdessen erwarten sie von den Autoren neben einseitigem Exposé und Leseprobe einen kurzen Lebenslauf. Und das Rückporto, selbstverständlich, damit die Sage nicht Realität wird. Begründet wird die die Beschränkung auf Kurzprosa mit der Notwendigkeit, die Blockade der Lektorate zu verhindern.
Wirft man jedoch einen Blick in das, was früher Buchhandlung hieß, fällt auf, dass die Anzahl der Titel und besonders die deutscher Autoren verschwindend gering ist. Im Bereich Thriller und Krimi haben uns Kritiker den Grund genannt: Deutsche Autoren können es einfach nicht! (Als bestimmte Kritiker es dann selbst versuchten, wurde es allerdings recht peinlich.) Die Crux ist: Die deutschen Autoren, und kritisch und penetrant wie sie sein können, lassen sich offensichtlich trotz Vorverurteilung und der geringen Aussicht auf Erfolg nicht von der Einsendung ihrer Projekte abhalten. Wie nach dem Kauf eines Lotterieloses hoffen sie trotz der Gewissheit langer Wartezeiten, ein inspiriertes Händchen werde zielsicher diese eine Nummer mit ihrem Exposé, ihrem Romananfang und ihrer Vita erwählen und damit das Tor zu Ruhm, Ehre und Einkommen aufstoßen. (Dass nach Überwindung dieses ersten Hindernisses lediglich die „Prüfung“ des Manuskripts angeboten wird, mindert die Euphorie nicht.) Da die Politik es unverständlicherweise ablehnt, diesen Sachverhalt als Delikt ins Strafgesetzbuch zu peitschen, ist damit zu rechnen, dass die Flut der Einsendungen eher ansteigen als abnehmen wird.
Das hat mehrere Gründe. Krimis schreiben können selbst diejenigen, die sich für Höheres nicht berufen fühlen. Sagen nicht nur unzählige Anbieter des kreativen Schreibens. Derrick ist bereits genetisch verankerte Erinnerung, Tatort ein unausweichliches Muss und die unzähligen Laienserien zwingen geradezu zur Nachahmung. Also wird kopiert was das Zeug hält. Mithin steigt die Flut weiter und zwingt die Verlage zu Notwehraktionen wie oben beschrieben.
Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit.



Fortsetzung folgt

24.10.2007

Warum ich keine 237 Romane schrieb

Als ich mir noch keine Gedanken über das Schreiben machte, saß ich vor einer Schreibmaschine. Die Seiten flogen da nur so heraus. Zehn, zwanzig, und wenn es unbedingt sein musste, auch mal vierzig pro Tag. Finger und Bauch waren hervorragend verdrahtet, der Kopf nichts weiter als Leinwand, von der ich mir die Bilder abguckte. Die Worte flossen, die Sätze stimmten auf Anhieb. (Mein erster Roman enstand in gerade mal vier Tagen!) Gegen das einfache Verschreiben lagen Tippex-Streifen bereit. Schwere Fälle wurden mit Pinsel und Liquid erledigt. Probleme bereitete lediglich die Post. Die spanische, mit der ich damals zu tun hatte und in die Franco meiner Meinung nach seine faulsten und miesesten Sadisten geparkt hatte. Jeder einzelne ein Caudillo mit der Dienstanweisung aus Kafkas "Schloss" in der mit Schmiergeldern angereicherten Tasche. Trotz der von ihnen ausgelösten Albträume kamen die Manuskripte wundersamerweise nach ungefähr drei Wochen an.
Als ich anfing, mir Gedanken über das Schreiben zu machen, saß ich vor einem Dreizehnzoll-Bildschirm, aus dem grellweiß auf bernsteingelbem Feld die Buchstaben blinzelten. Angeschlossen war der Augenkratzer an einen Kasten, mit dem man seinen Text (wenn er denn nicht abstürzte) auf biegsame Plastikscheiben speichern und beliebig oft korrigieren und verändern konnte. Das war der Fortschritt schlechthin. Hieß es in der Werbung.
Endlich war dem geplagten Schreiber das Instrument an die Hand gegeben, mit dem er seinen Text in Atem beraubender Geschwindigkeit bis zur Vollendung stylen konnte. Kein Papier mehr aus der Schreibmaschine zerren, alles nur noch auf dem Bildschirm formen, jedes Wort unter die Lupe nehmen - und alles ohne den Horror, Geschriebenes + Durchschlag in den Papierkorb schmeißen zu müssen.
Ich war hin und weg und zum Technikfreak mutiert. Die Olympia landete bei einem Neandertaler, der bereit war, den Faustkeil fallen zu lassen. Meinem wütenden Lektor versprach ich, diesmal den Abgabetermin höchstens um drei Wochen zu überschreiten. Wegen der noch nicht ganz geglückten Gewöhnung an den rasanten Zug der Zeit, der meine Augen rot, die Haare grau gefärbt und die wunderbaren Bilder auf meiner Kopfleinwand gelöscht hatte. Ich wurde zum Sklaven dieser brummenden Kiste, in der - das begriff ich aber erst viel später - keine Drähte und Platinen, sondern dieser neue Gott hauste, der den alten und sämtliche Sadisten der spanischen Post locker in den Schatten stellte.
Ich wurde zur Schnecke. Zur Schnecke gemacht von diesem heißgeliebten Kasten, der sofort bockte, wenn man ihm nicht seine gesamte Aufmerksamkeit schenkte. Die Drähte, die Finger, Bauch und Kopfkino verbunden hatten, gab es nicht mehr. Sie lagen als Opfergabe vor den Füßen des neuen Gottes, der bis heute zynisch grinst, wenn er beobachtet, wie ich mein Geschriebenes drehe und wende, lösche und neu schreibe und noch langsamer werde.
Mit dem Weniger der klappernden Olympia hätte es sicherlich dieses Mehr gegeben, vielleicht sogar die 237...

22.10.2007

21.10.2007

Auch Narren sterben einsam


Auch Narren sterben einsam
384 Seiten, harter Einband, 8, 00 €
Der eine ist ganz oben und droht wegen eines Fehltritts alles zu verlieren. Der andere ist ganz unten und kann nur überleben, wenn er die überlebensnotwendige Operation bezahlen kann. Als beide im Großstadtdschungel aufeinander treffen, erkennen sie, dass sie sich gegenseitig retten können - wenn sie bereit sind, eine breite Blutspur hinter sich herzuziehen...

Gegner



Gegner

Roman einer tödlichen Feindschaft

384 Seiten, harter Einband, 12, 80 €



Von seinem Todfeind kennt er nur die Stimme. Dennoch kehrt er in den vom Bürgerkrieg zerrissenen Libanon zurück, um den Mann zu töten, der ihm in der Gefangenschaft bewiesen hatte, dass die Würde des Menschen antastbar ist. In dem vom Wahnsinn beherrschten Beirut beginnt eine dramatische Menschenjagd und die große Geschichte einer leidenschaftlichen Liebe - erzählt mit überzeugender Realität und Spannung.


zu bestellen unter willi.voss1@freenet.de

Gegner




Gegner


Roman einer tödlichen Feindschaft


384 Seiten, harter Einband


Sonderausgabe 8,00 €



"Mit diesem Roman hat Voss den großen Beirut Roman geschrieben."


Buchmarkt


zu bestellen bei willi.voss1@freenet.de





Willi Voss hat mit „Gegner“ nicht nur einen spannenden Thriller geschrieben, sondern einen Roman, der die Situation im Nahen Osten schnörkellos und treffend skizziert, und dadurch die Perversion dieses politischen und weltanschaulichen Schlachtfelds, dessen ideelle Gemetzel bis in den Familienverbund reichen, entlarvt. Ich weiß nicht, ob er DEN Beirut Roman geschrieben hat, aber eine kluge und spannende Reise ins dunkle Herz dieser Stadt ist ihm allemal gelungen.

Traurig nur, dass der ursprünglich 1983 erschienene (und dezent zur Jahrtausendwende überarbeitete) Roman, kaum etwas von seiner Aktualität verloren hat. Die Namen der Städte, der Regionen mögen sich ändern, die (selbst)zerstörerischen Ideologien und Aktionen bleiben.


Jochen König