20.11.2007

Stoever befragt Pitter (Bild: NDR)
Stoever befragt Pitter Zoom



Singvogel (NDR)
Samstag, 9. Dezember 2006, 20.15 Uhr

(Erstausstrahlung: Montag, 23. Mai 1994)
Ein brisanter Fall im Milieu der Gefängnismafia macht Stoever und Brockmöller zu schaffen: Als die Frau des inhaftierten Millionenräubers Harald Holland ermordet aufgefunden wird, führt die Spur in das Gefängnis, in dem Holland einsitzt. Bei der Vernehmung Hollands, dessen Beute nie gefunden wurde, beschuldigt er den "Knastkönig" Ronny des Mordes an seiner Frau. Holland hat panische Angst vor Ronny, fühlt sich von ihm bedroht. Er will verlegt werden.

Die Gefängnisleitung kann die Schilderung Hollands nicht nachvollziehen und lehnt Stoevers Forderung nach sofortiger Verlegung Hollands ab. Diese Verweigerung erweist sich als fatal. Unterdessen ist Ronny wieder auf freiem Fuß, und Gefängnisfürsorger Tiefenthal nimmt ihn gegenüber der Polizei in Schutz. Stoever und Brockmöller stoßen bei ihren Ermittlungen auf eine Mauer des Schweigens: bei den Behörden, bei Ronny, dessen Freundin Jeanette und anderen.

Schließlich sieht Stoever nur noch eine Möglichkeit, die Morde aufzuklären: Er schleust den jungen Kollegen Thorwald als "Torpedo" in das Gefängnis ein.
Besetzung
Hauptkommissar Stoever Manfred Krug
Kommissar Brockmöller Charles Brauer
Harald Holland Günter Junghans
Lydia Tiefenthal Elisabeth Schwarz
Herbert Tiefenthal Rüdiger Vogler
Ronny Hans Kremer
Jeanette Heuer Claudia Messner
Hergeth Claude-Oliver Rudolph
Pitter Rolf Peter Kahl
Thorsten Tiefenthal Florian Lukas
Hennes Hans-Dieter Brückner
Gefängnisdirektor Klaus Piontek
Polizeiinspektor Thomas Neumann

Stab
Regie: Michael Knof
Buch: Willi Voss
Kamera: Klaus Brix
Szenenbild: Hans Zillmann

Meldung von der Niederelbe, an der einige meiner Geschichten entstanden sind: Vielen Dank!


Voss wieder
aufgetaucht


Vergriffene Kehdingen-Krimis von Voss

11. 11. 2007. Der Thriller-Autor Willi Voss, der eine Zeitlang zwischen Drochtersen und Wischhafen lebte, schrieb einst zwei der besten Krimis aus Kehdingen; beide - "Keine Tränen für das Opfer" und "Tränen schützen nicht vor Mord" - sind längst vergriffen. Seine Romane, Geheimtipps unter Krimifreunden an Oste und Elbe, ragten "in ihrer stilistischen und erzählerischen Qualität weit über alles" hinaus, "was zur Zeit ihres Erscheinens von deutschen Autoren in diesem Genre geschrieben wurde", urteilt das Deutsche Krimilexikon. Das Buch "Das Gesetz des Dschungels" wurde sogar mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet (siehe auch Wikipedia).

Jahrelang hatte sich Voss, der auch Tatort-Drehbücher verfaßt hat, völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen - jetzt ist er überraschend wieder aufgetaucht: In seinem neu eingerichteten Weblog beschreibt er auf bewegende Weise die Ursachen seiner Schaffenspause. Zur Zeit arbeitet Voss, der ursprünglich Willi Pohl hieß, an einem neuen Buch. Mehr über Voss und die regionale Krimiszene steht auf der Website www.krimiland.de

27.10.2007

Von Wölfen und Schafen - Teil 1



Als man den Wölfen den Einkauf in der Stadt erlaubte, wurde zuerst das Fleisch, einige Zeit danach die Fleischer knapp. Als nur noch der Wind durch die Straßen wehte, zogen die hungrigen Wölfe eine Ortschaft weiter.



Es geht die Sage von dem Verlag, der Konkurs anmeldete, weil er sich mit dem Porto für unaufgefordert eingereichte Manuskripte verhob. Keine Sage ist, dass die meisten deutschen Verlage inzwischen keine unaufgeforderten Manuskripte mehr annehmen. Stattdessen erwarten sie von den Autoren neben einseitigem Exposé und Leseprobe einen kurzen Lebenslauf. Und das Rückporto, selbstverständlich, damit die Sage nicht Realität wird. Begründet wird die die Beschränkung auf Kurzprosa mit der Notwendigkeit, die Blockade der Lektorate zu verhindern.
Wirft man jedoch einen Blick in das, was früher Buchhandlung hieß, fällt auf, dass die Anzahl der Titel und besonders die deutscher Autoren verschwindend gering ist. Im Bereich Thriller und Krimi haben uns Kritiker den Grund genannt: Deutsche Autoren können es einfach nicht! (Als bestimmte Kritiker es dann selbst versuchten, wurde es allerdings recht peinlich.) Die Crux ist: Die deutschen Autoren, und kritisch und penetrant wie sie sein können, lassen sich offensichtlich trotz Vorverurteilung und der geringen Aussicht auf Erfolg nicht von der Einsendung ihrer Projekte abhalten. Wie nach dem Kauf eines Lotterieloses hoffen sie trotz der Gewissheit langer Wartezeiten, ein inspiriertes Händchen werde zielsicher diese eine Nummer mit ihrem Exposé, ihrem Romananfang und ihrer Vita erwählen und damit das Tor zu Ruhm, Ehre und Einkommen aufstoßen. (Dass nach Überwindung dieses ersten Hindernisses lediglich die „Prüfung“ des Manuskripts angeboten wird, mindert die Euphorie nicht.) Da die Politik es unverständlicherweise ablehnt, diesen Sachverhalt als Delikt ins Strafgesetzbuch zu peitschen, ist damit zu rechnen, dass die Flut der Einsendungen eher ansteigen als abnehmen wird.
Das hat mehrere Gründe. Krimis schreiben können selbst diejenigen, die sich für Höheres nicht berufen fühlen. Sagen nicht nur unzählige Anbieter des kreativen Schreibens. Derrick ist bereits genetisch verankerte Erinnerung, Tatort ein unausweichliches Muss und die unzähligen Laienserien zwingen geradezu zur Nachahmung. Also wird kopiert was das Zeug hält. Mithin steigt die Flut weiter und zwingt die Verlage zu Notwehraktionen wie oben beschrieben.
Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit.



Fortsetzung folgt

24.10.2007

Warum ich keine 237 Romane schrieb

Als ich mir noch keine Gedanken über das Schreiben machte, saß ich vor einer Schreibmaschine. Die Seiten flogen da nur so heraus. Zehn, zwanzig, und wenn es unbedingt sein musste, auch mal vierzig pro Tag. Finger und Bauch waren hervorragend verdrahtet, der Kopf nichts weiter als Leinwand, von der ich mir die Bilder abguckte. Die Worte flossen, die Sätze stimmten auf Anhieb. (Mein erster Roman enstand in gerade mal vier Tagen!) Gegen das einfache Verschreiben lagen Tippex-Streifen bereit. Schwere Fälle wurden mit Pinsel und Liquid erledigt. Probleme bereitete lediglich die Post. Die spanische, mit der ich damals zu tun hatte und in die Franco meiner Meinung nach seine faulsten und miesesten Sadisten geparkt hatte. Jeder einzelne ein Caudillo mit der Dienstanweisung aus Kafkas "Schloss" in der mit Schmiergeldern angereicherten Tasche. Trotz der von ihnen ausgelösten Albträume kamen die Manuskripte wundersamerweise nach ungefähr drei Wochen an.
Als ich anfing, mir Gedanken über das Schreiben zu machen, saß ich vor einem Dreizehnzoll-Bildschirm, aus dem grellweiß auf bernsteingelbem Feld die Buchstaben blinzelten. Angeschlossen war der Augenkratzer an einen Kasten, mit dem man seinen Text (wenn er denn nicht abstürzte) auf biegsame Plastikscheiben speichern und beliebig oft korrigieren und verändern konnte. Das war der Fortschritt schlechthin. Hieß es in der Werbung.
Endlich war dem geplagten Schreiber das Instrument an die Hand gegeben, mit dem er seinen Text in Atem beraubender Geschwindigkeit bis zur Vollendung stylen konnte. Kein Papier mehr aus der Schreibmaschine zerren, alles nur noch auf dem Bildschirm formen, jedes Wort unter die Lupe nehmen - und alles ohne den Horror, Geschriebenes + Durchschlag in den Papierkorb schmeißen zu müssen.
Ich war hin und weg und zum Technikfreak mutiert. Die Olympia landete bei einem Neandertaler, der bereit war, den Faustkeil fallen zu lassen. Meinem wütenden Lektor versprach ich, diesmal den Abgabetermin höchstens um drei Wochen zu überschreiten. Wegen der noch nicht ganz geglückten Gewöhnung an den rasanten Zug der Zeit, der meine Augen rot, die Haare grau gefärbt und die wunderbaren Bilder auf meiner Kopfleinwand gelöscht hatte. Ich wurde zum Sklaven dieser brummenden Kiste, in der - das begriff ich aber erst viel später - keine Drähte und Platinen, sondern dieser neue Gott hauste, der den alten und sämtliche Sadisten der spanischen Post locker in den Schatten stellte.
Ich wurde zur Schnecke. Zur Schnecke gemacht von diesem heißgeliebten Kasten, der sofort bockte, wenn man ihm nicht seine gesamte Aufmerksamkeit schenkte. Die Drähte, die Finger, Bauch und Kopfkino verbunden hatten, gab es nicht mehr. Sie lagen als Opfergabe vor den Füßen des neuen Gottes, der bis heute zynisch grinst, wenn er beobachtet, wie ich mein Geschriebenes drehe und wende, lösche und neu schreibe und noch langsamer werde.
Mit dem Weniger der klappernden Olympia hätte es sicherlich dieses Mehr gegeben, vielleicht sogar die 237...

22.10.2007

21.10.2007

Auch Narren sterben einsam


Auch Narren sterben einsam
384 Seiten, harter Einband, 8, 00 €
Der eine ist ganz oben und droht wegen eines Fehltritts alles zu verlieren. Der andere ist ganz unten und kann nur überleben, wenn er die überlebensnotwendige Operation bezahlen kann. Als beide im Großstadtdschungel aufeinander treffen, erkennen sie, dass sie sich gegenseitig retten können - wenn sie bereit sind, eine breite Blutspur hinter sich herzuziehen...

Gegner



Gegner

Roman einer tödlichen Feindschaft

384 Seiten, harter Einband, 12, 80 €



Von seinem Todfeind kennt er nur die Stimme. Dennoch kehrt er in den vom Bürgerkrieg zerrissenen Libanon zurück, um den Mann zu töten, der ihm in der Gefangenschaft bewiesen hatte, dass die Würde des Menschen antastbar ist. In dem vom Wahnsinn beherrschten Beirut beginnt eine dramatische Menschenjagd und die große Geschichte einer leidenschaftlichen Liebe - erzählt mit überzeugender Realität und Spannung.


zu bestellen unter willi.voss1@freenet.de

Gegner




Gegner


Roman einer tödlichen Feindschaft


384 Seiten, harter Einband


Sonderausgabe 8,00 €



"Mit diesem Roman hat Voss den großen Beirut Roman geschrieben."


Buchmarkt


zu bestellen bei willi.voss1@freenet.de





Willi Voss hat mit „Gegner“ nicht nur einen spannenden Thriller geschrieben, sondern einen Roman, der die Situation im Nahen Osten schnörkellos und treffend skizziert, und dadurch die Perversion dieses politischen und weltanschaulichen Schlachtfelds, dessen ideelle Gemetzel bis in den Familienverbund reichen, entlarvt. Ich weiß nicht, ob er DEN Beirut Roman geschrieben hat, aber eine kluge und spannende Reise ins dunkle Herz dieser Stadt ist ihm allemal gelungen.

Traurig nur, dass der ursprünglich 1983 erschienene (und dezent zur Jahrtausendwende überarbeitete) Roman, kaum etwas von seiner Aktualität verloren hat. Die Namen der Städte, der Regionen mögen sich ändern, die (selbst)zerstörerischen Ideologien und Aktionen bleiben.


Jochen König

20.10.2007


"Die Nacht, der Tod"
Kriminalroman
219 Seiten, harter Einband
Sonderexemplar 9,80 €
plus Versand
"...ein Kriminalroman mit Gedanken. Sein Stil ist knapp, lakonisch, originell, hinreissend sein Witz, so unmittelbar wie unverhofft und treffsicher. Man hat selten einen Roman so aus einem Guss, ohne Risse und Sprünge gelesen.
Willi Voss schreibt Kriminalromane und Politthriller, wie es sie bislang in der deutschsprachigenLiteratur nicht gab".
Neue Zeit
zu bestellen unter willi.voss1@freenet.de

LA SEGUNDA DE VERDAD


Die Sekunde der Wahrheit ist beim Stierkampf jener Augenblick, in dem der Stier durch Stellung der Vorderläufe und Senken des Kopfes jenen winzigen Punkt in seinem Nacken öffnet, durch den der Matador die tödliche Klinge seiner Estoca stoßen wird. Für den Betrachter ist dieser "Moment der Gnade" erkennbar - für das Opfer die letzte Überraschung und der Beginn seines Sterbens.
Die Sekunde der Wahrheit des Schriftstellers ist der unverhoffte Beginn der Schreibblockade. Ist diese Sekunde, die ihn erkennen lässt, dass das leere Blatt in seiner Schreibmaschine leer bleiben wird. Und dass die Bilder, die seinen dröhnenden Kopf zu sprengen drohen, wie Wasserflecken auf heißen Steinen verdunsten und die Sätze, welche diese Bilder beschreiben, durch irgendeinen Riss in seinem Hirn ins Nichts zerflattern.
Während der Stier in die Dunkelheit fällt und aufhört zu sein, stürzt die Schreibfähigkeit des Autoren in das Schattenreich einer perfiden Impotenz: Er lebt, er fühlt, er isst und trinkt, spricht, liest und geht mit seiner Frau ins Bett. Die Belegexemplare im Regal, die gesammelten Rezensionen, die Anrufe seines Lektors, die an den Abgabetermin erinnern, liefern ihm den Beweis, dass er ES kann. Er sitzt auch pünktlich wie immer vor seinem Rechner, hämmert auf die Tasten, füllt die Seite mit Buchstaben, mit Sätzen, formuliert seine Dialoge, triumphiert gar, weil er ES überwunden zu haben glaubt... Doch dann, wenn er seinen Text, die Szene überprüft, dann - spätestens dann - sieht er mit Grauen den Schatten hinter der Hinrichtungsmaschine, hört er die höhnende Stimme des Exekutors: So sehr du dich quälst, mein Freund, die Kugel ist gefallen - rien ne va plus!

Als der Degen mich traf, hatte ich mich nach langem Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland etabliert. Das in der Gewissheit des Erfolgs gekaufte Landhaus war renoviert, der Garten gestaltet, das richtige Auto stand in der Garage. Im Fernsehen liefen meine Filme. In den Buchhandlungen verkauften sich meine Bücher. Die Post brachte Einladungen zu Podien, Workshops und Lesungen. Ich war in der komfortablen Lage, auch lukrative Aufträge aus Zeitmangel ablehnen zu müssen. Und wenn die Statistik auch für mich galt, hatte ich noch ein erkleckliches Stückchen Leben vor mir.
Aber nach dem Stoß war es kein Leben mehr. Es war eine verschärfte Art des Vegetierens ganz hart am Abgrund.

Angst. Lethargie. Sich in einen Kokon hüllen. Vereinsamen. Unduldsam sein. Den Tod beschwören, ihn herbeiwünschen. Fliehen in hektische Aktivitäten, die mit dem Schreiben nichts zu tun haben. Sich permanent suchen, aber nie finden. Und immer wieder flüchten, flüchten. Verluste nicht nur fürchten, sie erleiden. Und dennoch schleppte ich mich an die Maschine, saß ich dort meine Strafe ab, formulierte, korrigierte, strich, kämpfte mich zum Ende der Geschichte, die nicht nur den Selbst-, sondern den Marktwert zurück erobern sollte. Aber spätestens nach der dritten Absage wusste ich, dass die Zeiten sich ebenso wie das Papier der vergilbenden Auszeichnungen und Preise verändert hatten. Der Zug der einstigen Erfolge rostete auf dem entlegendsten Abstellgleis vor sich hin.
Dennoch: Aus der Tiefe, von dort, wo man sich einst wusste und jetzt nur noch vermutete, ertönte eine dünne Stimme, erklang zunächst nur schwacher, dann schreiender Protest. Das kann es nicht gewesen sein! Du hast die Kraft! Du kannst es immer noch! Was du brauchst, ist Mut, ist Ausdauer, ist der Hauch deines alten Selbstvertrauens! Nur wer aufgibt, verliert! Gehe endlich wieder an die Maschine und zeige, was du kannst!
Du gehst, weil du dich zwingst. Du kämpfst mit der weißen Fläche, mit dir, der du dauernd davonlaufen willst. Aber du weißt, dass es deine letzte Chance ist. Die letzte! Was dann am Ende des Kampfes heraus kommt, ist ein dicker Stapel Papier, eine Geschichte, in die du so ziemlich alles gesteckt hast, was in dir ist.
"Irrer Plot", sagt dein Agent, der trotz der langen Agonie immer wieder mal wegen der "alten Zeiten" angerufen hat. "Ein hervorragender Roman", sagt er. "Den verkaufe ich mit links".

Das hoffe ich. Noch mehr jedoch, das die verdammte Segunda de verdad ein dunkler Punkt im Kosmos meiner Erinnerung bleibt.

LA SEGUNDA DE VERDAD